Auf der Verbandsgemeindeebene, das heißt der Ebene der zwölf kreisfreien Städte, der 29 verbandsfreien Gemeinden und der 129 Verbandsgemeinden, fiel die Spannweite des Briefwahlanteils bei der Bundestagswahl 2021 mit knapp 45 Prozentpunkten sehr viel höher aus als auf der Ebene der kreisfreien Städte und Landkreise. Am geringsten war der Briefwahlanteil mit 45,6 Prozent in der Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf im Landkreis Bernkastel-Wittlich. Besonders hoch fiel er demgegenüber in der Verbandsgemeinde Altenahr im Landkreis Ahrweiler aus. Hier machten 90,5 Prozent der Wählerinnen und Wähler von der Möglichkeit der Stimmabgabe per Brief Gebrauch. Zu beachten ist dabei, dass die Infrastruktur der Verbandsgemeinde Altenahr infolge der Auswirkungen der verheerenden Flutkatastrophe, die sich im Juli 2021 im Ahrtal ereignete, zum Zeitpunkt der Bundestagswahl noch weitgehend zerstört war. Der enorm hohe Briefwahlanteil ist in dieser Verwaltungseinheit daher auf einen Sondereffekt zurückzuführen.
Insgesamt gab es 2021 nur drei Verwaltungseinheiten, in denen weniger als die Hälfte der Wählerinnen und Wähler per Brief abstimmte. Neben der Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf waren dies die Verbandsgemeinde Herrstein-Rhaunen im Landkreis Birkenfeld (48,7 Prozent) und die Verbandsgemeinde Kirchberg (Hunsrück) im Rhein-Hunsrück-Kreis (48,8 Prozent). In 62 Verwaltungseinheiten lag der Briefwahlanteil zwischen 50 und 60 Prozent und in 95 Verwaltungseinheiten zwischen 60 und 70 Prozent. Einen Briefwahlanteil von mindestens 70 Prozent erreichten zehn Verwaltungseinheiten. Hinter der Verbandsgemeinde Altenahr folgte an der Spitze der Rangreihung mit großem Abstand die verbandsfreie Gemeinde Bad Neuenahr-Ahrweiler (76,8 Prozent), die im Landkreis Ahrweiler ebenfalls stark von den Auswirkungen der Flutkatastrophe betroffen war.
Urbanisierungsgrad und sozio-ökonomischer Status beeinflussen Art der Stimmabgabe
Die regionalen Zusammenhangmuster zwischen der Höhe des Briefwahlanteils und dem Urbanisierungsgrad der 170 Verwaltungseinheiten der Verbandsgemeindeebene werden mittels sogenannter Aggregatdatenanalysen bestätigt. Zu diesem Zweck wird der Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson (r) zwischen dem Briefwahlanteil (oder alternativ dem Anteil der Wählerinnen und Wähler mit Wahlschein) und der Bevölkerungsdichte berechnet.
Der Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson kann grundsätzlich Werte zwischen –1 und +1 annehmen. Ein Koeffizient nahe dem Wert +1 würde im konkreten Anwendungsfall darauf hindeuten, dass der Briefwahlanteil in einer Verwaltungseinheit tendenziell umso höher ausfällt, je höher die Bevölkerungsdichte einer Verwaltungseinheit ist. Ein Koeffizient nahe dem Wert –1 würde demgegenüber darauf hindeuten, dass der Briefwahlanteil in einer Verwaltungseinheit tendenziell desto geringer ausfällt, je höher die Bevölkerungsdichte einer Verwaltungseinheit ist. Ein Koeffizient nahe dem Wert Null würde andeuten, dass zwischen den beiden Merkmalen auf der Verbandsgemeindeebene kein linearer statistischer Zusammenhang besteht.
Bei allen Bundestagswahlen seit 2002 stellt sich in Rheinland-Pfalz für die beiden Merkmale ein positiver linearer statistischer Zusammenhang ein. Im Zeitverlauf hat sich die Stärke des statistischen Zusammenhangs jedoch deutlich abgeschwächt. Lag der Korrelationskoeffizient 2002 noch bei r = +0,50, kann 2021 bei einem Wert von r = +0,02 nicht mehr von einem linearen statistischen Zusammenhang gesprochen werden. Dies deckt sich mit dem Befund, dass bei der Bundestagswahl 2021 der Briefwahlanteil in den 24 Landkreisen erstmals höher ausfiel als in den zwölf kreisfreien Städten. Inhaltlich bedeutet dies, dass Wählerinnen und Wähler im urbaneren Umfeld zu Beginn der 2000er-Jahre deutlich häufiger ihre Stimme per Brief abgaben als Wählerinnen und Wähler in ländlicheren Regionen. Zwei Dekaden später besteht zwischen städtischen und ländlichen Regionen kaum noch ein Unterschied in der Nutzungshäufigkeit der Briefwahl.
Mit Blick auf die Europawahl lässt sich sogar eine leichte Trendumkehr beobachten. Denn bei den letzten beiden Wahlen der Abgeordneten zum Europäischen Parlament fiel der Korrelationskoeffizient in Rheinland-Pfalz jeweils schwach negativ aus (2019: r = –0,15; 2024: r = –0,27). Ein ähnliches Muster ergibt sich für die Wahlen zum Landtag Rheinland-Pfalz, wenn statt des Briefwahlanteils der Anteil der Wählerinnen und Wähler mit Wahlschein herangezogen wird. Bei den Landtagswahlen sank der Korrelationskoeffizient zwischen 2006 und 2021 kontinuierlich von r = +0,44 auf r = –0,05.
Hinweise auf die soziale Selektivität in der Nutzungshäufigkeit der Briefwahl geben die vergleichsweise stabilen statistischen Zusammenhangmuster zwischen der Höhe des Briefwahlanteils bzw. des Anteils der Wählerinnen und Wähler mit Wahlschein auf der einen Seite und verschiedenen Merkmalen, die die sozio-ökonomische Struktur der 170 Verwaltungseinheiten in Rheinland-Pfalz beschreiben, auf der anderen Seite. So stellt sich bei den letzten vier überregionalen Wahlen sowohl zwischen dem durchschnittlichen Bildungsniveau der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten[2], die in den Verwaltungseinheiten leben, als auch zwischen ihrem durchschnittlichen Einkommensniveau[3] und dem Anteil der Wählerinnen und Wähler mit Wahlschein jeweils ein positiver statistischer Zusammenhang ein. Mit Blick auf das Bildungsniveau bewegt sich der Korrelationskoeffizient zwischen r = +0,20 und r = +0,48 und mit Blick auf das Einkommensniveau zwischen r = +0,21 und r = +0,46. Auf der anderen Seite ergeben sich zwischen dem Anteil der Wählerinnen und Wähler mit Wahlschein und dem Anteil der arbeitslos gemeldeten Personen sowie dem Anteil der Personen, die auf soziale Mindestsicherungsleistungen angewiesen sind, jeweils negative statistische Zusammenhänge. Beim Anteil der arbeitslos gemeldeten Personen bewegt sich der Korrelationskoeffizient zwischen r = –0,19 und r = –0,44 und beim Anteil der Bezieherinnen und Bezieher sozialer Mindestsicherungsleistungen zwischen r = –0,20 und r = –0,40.
Inhaltlich deuten die Ergebnisse darauf hin, dass der Briefwahlanteil in einer Verwaltungseinheit desto höher ausfällt, je mehr Menschen mit einem höheren sozio-ökonomischen Status in einer Verwaltungseinheit leben. Da den Auswertungen keine Individualdaten zugrunde liegen, kann daraus jedoch nicht mit letzter Sicherheit gefolgert werden, dass Personen mit einem höheren sozio-ökonomischen Status grundsätzlich häufiger von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch machen (ökologischer Fehlschluss). Allerdings decken sich die Befunde weitgehend mit verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen, die ihre Auswertungen auf Individualdaten stützen.[4]
Frauen und Ältere nutzen Briefwahl häufiger
Die Auswertung von Individualdaten zur Nutzung der Briefwahl ist in der amtlichen Statistik mittels der Repräsentativen Wahlstatistik möglich.
Die Repräsentative Wahlstatistik, die in Rheinland-Pfalz regelmäßig zu Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen durchgeführt wird, erfasst das Abstimmungsverhalten der Wahlberechtigten bzw. der Wählerinnen und Wähler repräsentativ in anonymisierter Form, indem zum einen in zufällig ausgewählten Stimmbezirken die Wählerverzeichnisse ausgewertet werden. Zum anderen werden in einigen per Zufall bestimmten Stimmbezirken Stimmzettel mit Markierungsaufdruck für das Geschlecht und die Geburtsjahrgangsgruppe der Wählerinnen und Wähler verteilt. Zur Wahrung des Wahlgeheimnisses werden die Wählerverzeichnisse und die Stimmzettel dabei zu keinem Zeitpunkt zusammengeführt, sodass das Wahl- und das Abstimmungsverhalten einzelner Personen zu keinem Zeitpunkt aufgedeckt werden kann.
Die Auswertung der Wählerverzeichnisse ermöglicht seit der Herabsenkung des aktiven Wahlalters zu Beginn der 1970er-Jahre auf 18 Jahre die Bildung von insgesamt zehn Geburtsjahrgangsgruppen. Die kleinste Gruppe umfasst bei Bundes- und Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz lediglich drei Geburtsjahrgänge (18 bis 20 Jahre), während die größte Gruppe als offene Klasse mehr als 30 Geburtsjahrgänge einschließen kann (70 Jahre und älter). Nachdem zur Europawahl 2024 erstmals auch den 16- und 17-Jährigen das aktive Wahlrecht eingeräumt wurde, erweitert sich die unterste Geburtsjahrgangsgruppe in der Repräsentativen Wahlstatistik zu den Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments künftig um zwei Geburtsjahrgänge. Mit Blick auf die Angaben zum Geschlecht werden grundsätzlich zwei Gruppen gebildet. Dabei werden Personen mit der Eintragung „weiblich“ im Geburtenregister von Personen mit den Eintragungen „männlich“, „divers“ oder „ohne Angabe“ unterschieden.
Auf Grundlage der Wählerverzeichnisse ist eine direkte Auswertung der Stimmabgabe per Brief bei Europa- und Bundestagswahlen nicht möglich. Die Erhebung auf Basis der Wählerverzeichnisse erfasst lediglich die Zahl der Wahlberechtigten mit und ohne Sperrvermerk im Wählerverzeichnis. Das heißt, es ist bekannt, wie vielen Wahlberechtigten ein Wahlschein ausgestellt wurde. Nicht bekannt ist jedoch, ob die Wahlberechtigten mit Wahlschein per Brief oder an einer Urne abgestimmt haben oder ob sie sich überhaupt an der Wahl beteiligten.
Zur Schätzung des Briefwahlanteils muss daher auf zusätzliche Angaben der Wahlbezirksstatistik zurückgegriffen werden. Dazu wird zum einen der Anteil der Wählerinnen und Wähler ohne Wahlschein zuzüglich der Wählerinnen und Wähler mit einfachem Wahlschein an den Wahlberechtigten ohne Sperrvermerk zuzüglich der Wählerinnen und Wähler mit einfachem Wahlschein ermittelt. Der so berechnete Korrekturfaktor (U) entspricht näherungsweise der Wahlbeteiligung bei der Urnenwahl. Zur Bestimmung der Wahlbeteiligung bei der Briefwahl wird zusätzlich der Korrekturfaktor (B) benötigt. Er ergibt sich, indem die Zahl der Wählerinnen und Wähler mit Briefwahlschein durch die Differenz der Zahl der Wahlberechtigten mit Sperrvermerk und der Zahl der Wählerinnen und Wähler mit einfachem Wahlschein dividiert wird.
Anschließend wird der Korrekturfaktor (U) mit der Zahl der Wahlberechtigten ohne Sperrvermerk und der Korrekturfaktor (B) mit der Zahl der Wahlberechtigten mit Sperrvermerk auf Basis der Repräsentativen Wahlstatistik multipliziert. Der Briefwahlanteil resultiert dann aus dem Anteil der gewichteten Zahl der Wahlberechtigten mit Sperrvermerk an der gewichteten Zahl der Wahlberechtigten insgesamt:
mit
B = Briefwahl
BWA = Briefwahlanteil
KF = Korrekturfaktor
RW = Repräsentative Wahlstatistik
U = Urnenwahl
WBmV = Wahlberechtigte mit Sperrvermerk
WBoV = Wahlberechtigte ohne Sperrvermerk
WmBWS = Wähler/-innen mit Briefwahlschein
WmeWS = Wähler/-innen mit einfachem Wahlschein
WoWS = Wähler/-innen ohne Wahlschein
WBZ = Wahlbezirksstatistik
Es zeigt sich, dass in Rheinland-Pfalz ältere Wählerinnen und Wähler tendenziell häufiger per Brief abstimmen als jüngere. So gaben bei der Bundestagswahl 2021 relativ betrachtet die meisten Wählerinnen und Wähler in der Gruppe der 70-Jährigen und Älteren ihre Stimme per Brief ab (67,2 Prozent). An zweiter Stelle folgten die 60- bis 69-Jährigen (65,4 Prozent) vor den 50- bis 59-Jährigen (62,2 Prozent). Schon seit der Bundestagswahl 2002 führen diese drei Gruppen die Rangreihung der Altersklassen in dieser Abfolge an. Die 70-Jährigen und Älteren weisen sogar bereits seit der Bundestagswahl 1961 stets den höchsten Briefwahlanteil aus. Dies gilt in Rheinland-Pfalz zudem für alle bisher durchgeführten Europawahlen.[5]
Eine Ursache für den erhöhten Briefwahlanteil älterer Wählerinnen und Wähler könnte der oftmals schlechtere Gesundheitszustand sein. So kann Wählerinnen und Wählern, die zum Beispiel an einer Gehbehinderung leiden oder pflegebedürftig sind, der Gang ins Wahllokal durch die Stimmabgabe per Brief erspart werden. Zudem dürften viele ältere Wählerinnen und Wähler während der Coronapandemie aufgrund des erhöhten Infektionsrisikos den Gang ins Wahllokal gescheut und stattdessen per Brief abgestimmt haben.
Den geringsten Briefwahlanteil wiesen bei der Bundestagswahl 2021 die 18- bis 20-Jährigen auf (49,8 Prozent). Damit waren sie zudem die einzige Altersgruppe, die knapp mehrheitlich an der Urne abstimmte. Bereits seit 1983 fällt bei Bundestagswahlen in Rheinland-Pfalz der Briefwahlanteil in der jüngsten Altersgruppe am geringsten aus. Einzige Ausnahme ist die Bundestagswahl 2017, bei der die 18- bis 20-Jährigen (27,1 Prozent) knapp vor den 40- bis 44-Jährigen (26,4 Prozent) den vorletzten Platz einnahmen. Da sich unter den 18- bis 20-Jährigen in der Regel viele Erstwählerinnen und -wähler befinden, könnte der niedrige Briefwahlanteil in dieser Altersklasse auf das besondere Erlebnis der erstmaligen Wahlteilnahme zurückzuführen sein.
Auch wenn der Briefwahlanteil bei Bundestags- und Europawahlen in Rheinland-Pfalz in der jüngsten Geburtsjahrgangsgruppe regelmäßig am niedrigsten und in der ältesten Geburtsjahrgangsgruppe regelmäßig am höchsten ausfällt, besteht zwischen dem Alter und der Höhe des Briefwahlanteils kein linearer Zusammenhang. Vielmehr übersteigt der Briefwahlanteil in den beiden Altersgruppen von 21 bis 29 Jahren oftmals den Briefwahlanteil in den drei Altersgruppen von 30 bis 44 Jahren.
Briefwahlanteil bei den Bundestagswahlen in Rheinland-Pfalz 1961–2021¹ nach Geschlecht und Altersgruppen
(in %)
Merkmal | '61[1] | '65[1] | '69[1] | '72 | '76 | '80 | '83 | '87 | '90 | '94[2] | '98[2] | '02 | '05 | '09 | '13 | '17 | '21 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Männer | 5,9 | 7,2 | 7,4 | 7,6 | 7,9 | 10,5 | 8,7 | 8,7 | 9,3 | - | - | 16,8 | 18,8 | 25,3 | 26,6 | 32,9 | 58,5 |
Frauen | 5,6 | 8,0 | 8,5 | 9,0 | 9,5 | 11,5 | 9,8 | 9,7 | 10,8 | - | - | 18,5 | 21,0 | 27,6 | 29,4 | 36,7 | 63,4 |
18-20 Jahre | - | - | - | 9,2 | 6,3 | 10,0 | 4,9 | 4,2 | 5,5 | - | - | 10,7 | 12,5 | 18,8 | 18,0 | 27,1 | 49,8 |
21-24 Jahre | 8,7 | 10,4 | 10,1 | 10,1 | 9,5 | 11,6 | 10,9 | 9,0 | 9,2 | - | - | 14,8 | 16,7 | 22,6 | 22,7 | 32,5 | 55,1 |
25-29 Jahre | 5,6 | 7,2 | 7,8 | 8,5 | 8,8 | 11,8 | 10,4 | 9,8 | 9,6 | - | - | 15,2 | 17,1 | 22,4 | 23,4 | 29,0 | 56,4 |
30-34 Jahre | 3,7 | 5,2 | 5,1 | 5,4 | 7,6 | 8,7 | 8,2 | 7,9 | 8,0 | - | - | 14,2 | 15,7 | 20,8 | 21,9 | 28,7 | 55,6 |
35-39 Jahre | - | 5,5 | 4,9 | 4,6 | 5,4 | 7,9 | 7,2 | 6,1 | 7,3 | - | - | 13,2 | 13,8 | 20,5 | 22,0 | 27,7 | 54,6 |
40-44 Jahre | 3,7 | 5,1 | 5,5 | 4,4 | 4,9 | 7,5 | 6,7 | 5,9 | 8,4 | - | - | 12,9 | 14,7 | 21,3 | 21,2 | 26,4 | 55,1 |
45-49 Jahre | - | 5,6 | 6,0 | 5,8 | 5,9 | 7,9 | 6,7 | 6,8 | 8,8 | - | - | 15,5 | 17,3 | 22,6 | 23,5 | 29,3 | 55,6 |
50-59 Jahre | 4,5 | 6,3 | 6,5 | 6,5 | 7,7 | 10,0 | 6,8 | 7,1 | 8,5 | - | - | 18,7 | 22,0 | 27,4 | 28,3 | 35,7 | 62,2 |
60-69 Jahre | 6,1 | 8,3 | 9,1 | 7,8 | 9,8 | 12,3 | 9,1 | 9,1 | 9,9 | - | - | 21,5 | 24,6 | 32,7 | 34,7 | 40,2 | 65,4 |
70 Jahre und älter | 12 | 15,3 | 16,3 | 19 | 18,1 | 18,5 | 17 | 19,1 | 19,7 | - | - | 24,9 | 27,0 | 33,6 | 35,9 | 42,8 | 67,2 |
Rheinland-Pfalz | 5,8 | 7,7 | 8,0 | 8,4 | 8,8 | 11,0 | 9,3 | 9,2 | 10,1 | - | - | 17,7 | 20,0 | 26,5 | 28,0 | 34,9 | 61,0 |
Mit Blick auf das Geschlecht nutzten die Rheinland-Pfälzerinnen die Möglichkeit zur Briefwahl bisher bei allen Europawahlen und bei allen Bundestagswahlen seit 1965 häufiger als die Rheinland-Pfälzer. Nur bei der Bundestagswahl 1961 gaben die Wähler in Rheinland-Pfalz ihre Stimme etwas häufiger per Brief ab als die Wählerinnen (5,9 zu 5,6 Prozent). Bei der Bundestagswahl 2021 betrug der Vorsprung der Frauen auf die Männer 4,9 Prozentpunkte (63,4 zu 58,5 Prozent).
Dies dürfte zum Teil auf die ungleiche geschlechtsspezifische Besetzung der einzelnen Altersgruppen zurückzuführen sein. Infolge ihrer höheren Lebenserwartung ist der Anteil der älteren Frauen an allen Frauen in der Regel höher als der Anteil der älteren Männer an allen Männern. Da ältere Wählerinnen und Wähler unabhängig von ihrem Geschlecht häufiger von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch machen, ergibt sich bei einer altersunabhängigen Betrachtung der beiden Geschlechter für Frauen in der Folge ein höherer Briefwahlanteil als für Männer.
Wird der Briefwahlanteil der einzelnen Altersgruppen getrennt nach den Geschlechtern gegenübergestellt, so zeigt sich, dass die Spannweite unter den Rheinland-Pfälzern bei allen Bundestagswahlen seit 2002 größer ist als unter den Rheinland-Pfälzerinnen. Bei der Bundestagswahl 2021 fiel sie mit 21,4 gegenüber 13,4 Prozentpunkten sogar mehr als eineinhalb Mal so hoch aus. Am seltensten beteiligten sich unter den Männern relativ betrachtet die 18- bis 20-Jährigen per Brief an der Bundestagswahl (45,9 Prozent), während die 70-Jährigen und Älteren am häufigsten auf diese Art der Stimmabgabe zurückgriffen (67,3 Prozent). Unter den Frauen gaben relativ betrachtet ebenfalls die 18- bis 20-Jährigen am seltensten ihre Stimme per Brief ab (53,9 Prozent). Der höchste Briefwahlanteil stellte sich jedoch im Unterschied zu den Männern in der Gruppe der 60- bis 69-Jährigen ein (67,5 Prozent).
Wird der Briefwahlanteil der Geschlechter in jeder der zehn betrachteten Altersgruppen direkt miteinander verglichen, so ergibt sich bei der Bundestagswahl 2021 in neun Altersgruppen ein höherer Wert für die Frauen. Nur in der Gruppe der 70-Jährigen und Älteren stimmten die Wähler etwas häufiger per Brief ab als die Wählerinnen (67,3 zu 67,1 Prozent). Den größten Vorsprung vor den Rheinland-Pfälzern hatten die Rheinland-Pfälzerinnen mit 9,4 Prozentpunkten in der Gruppe der 25- bis 29-Jährigen (61,2 zu 51,8 Prozent). Frauen tendieren in der Gesamtbetrachtung demnach auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Altersstruktur der Geschlechter häufiger zur Briefwahl als Männer. Dieses Muster gilt in Rheinland-Pfalz sowohl für die Wahlen zum Deutschen Bundestag als auch für die Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments.
Briefwahlanteil korreliert mit Stimmenergebnis der Parteien
Für politische Parteien ist die Art des Abstimmungsverhaltens der Wählerinnen und Wähler insbesondere mit Blick auf die Gestaltung von Wahlkämpfen von hohem Interesse. Je höher der Anteil der Urnenwählerinnen und -wähler einer Partei ist, desto mehr lohnt es sich für sie, bis zum Wahltag für sich zu werben. Parteien, die verstärkt von Briefwählerinnen und -wählern unterstützt werden, haben demgegenüber beispielsweise einen Anreiz, möglichst frühzeitig mit der Wahlwerbung zu beginnen.
Werden die Korrelationskoeffizienten zwischen dem Briefwahlanteil bzw. dem Anteil der Wählerinnen und Wähler mit Wahlschein einerseits und dem Stimmenanteil[6] ausgewählter politischer Parteien[7]andererseits auf der Verbandsgemeindeebene für die überregionalen Wahlen, die in Rheinland-Pfalz seit 2005 stattfanden, berechnet, so stellen sich klare Zusammenhangsmuster ein.
Zusammenhang zwischen Briefwahl und Stimmenanteil
Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson (r)
© Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz
Der Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson (r) dient als Maßzahl für die Stärke der Korrelation von mindestens zwei intervallskalierten Merkmalen. Er nimmt Werte zwischen -1 und 1 an.
Die Grafik zeigt den statistischen Zusammenhang zwischen dem Anteil der Wähler/-innen mit Wahlschein und dem Stimmenanteil ausgewählter Parteien in Rheinland-Pfalz:
- r=1: Starker positiver Zusammenhang, d. h. ein hoher Wahlscheinanteil geht mit einem hohen Stimmenanteil der Partei einher.
- r=0: Kein Zusammenhang, d. h. der Wahlscheinanteil steht mit dem Stimmenanteil der Partei in keinem Zusammenhang.
- r=-1: Starker negativer Zusammenhang, d. h. ein hoher Wahlscheinanteil geht mit einem niedrigen Stimmenanteil der Partei einher.